Donnerstag, 19. Dezember 2013

Kirche und Staat in Deutschland = Reiter und Ross

Kirche und Staat in Deutschland = Reiter und Ross
Die bis heute gültige römisch-katholische Zwei-Schwerter-Lehre

"Es gehört sich aber, dass die zeitliche Autorität sich der geistlichen Gewalt unterwirft"
Lehrbuch Denzinger/Hünermann, Nr. 873 "Durch die Aussagen der Evangelien werden wir belehrt, dass in dieser ihrer [der Kirche] Gewalt zwei Schwerter sind, nämlich das geistliche und das zeitliche*  ... Beide sind also in der Gewalt der Kirche, nämlich das geistliche Schwert und das materielle. Jedoch ist dieses  f ü r  die Kirche, jenes aber  v o n  der Kirche zu handhaben. Jenes in der Hand des Priesters, dieses in der Hand der Könige und Soldaten, aber auf die Zustimmung und Duldung des Priesters hin. Es gehört sich aber, dass ein Schwert unter dem anderen ist und die zeitliche Autorität sich der geistlichen Gewalt unterwirft. Dass die geistliche Gewalt jedwede irdische sowohl an Würde als auch an Adel überragt, müssen wir umso deutlicher bekennen, je mehr das Geistliche das Zeitliche überragt ... Denn wie die Wahrheit bezeugt, muss die geistliche Gewalt die irdische Gewalt einsetzen und richten, wenn sie nicht gut war ... Wenn also die irdische Gewalt abirrt, dann wird sie von der geistlichen Gewalt gerichtet werden; wenn aber eine niedrigere geistliche abirrt, dann von ihrer höheren; wenn aber die höchste, dann wird sie allein von Gott, nicht vom Menschen gerichtet werden können, wie der Apostel bezeugt: ´Der geistliche Mensch richtet alles, selbst aber wird er von niemandem gerichtet` [1. Kor. 2, 15]."

Nr. 874 "Diese [geistliche] Autorität [der Kirche] ist aber, auch wenn sie einem Menschen verliehen wurde und durch einen Menschen ausgeübt wird, keine menschliche, sondern vielmehr eine göttliche Gewalt, die Petrus aus göttlichem Munde verliehen und ihm und seinen Nachfolgern in Christus selbst, den er als Fels bekannt hat, bestätigt wurde, als der Herr zu Petrus selbst sagte: ´Alles, was du gebunden hast?` usw. Wer immer sich also dieser von Gott so angeordneten Gewalt ´widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes` (Röm. 13, 2)."**

Nr. 875
"Wir erklären, sagen und definieren nun aber, dass es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein."

(Aus der Bulle "Unam Sanctam" von Papst Bonifatius VIII. vom 18. November 1302, zitiert nach Heinrich Denzinger/Peter Hünermann, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, 42. Auflage, Freiburg/Basel/Wien 2009)

* Der Papst bezieht sich u. a. auf das Jesuswort "Zwei Schwerter sind genug", was wahrscheinlich als Abschreckung gegenüber möglichen Straßenräubern gedacht war, ohne dass die Jünger es aber einsetzen sollten. Siehe dazu hier.

** Was wirklich damit gemeint war, siehe hier.

Diese Bulle hat laut dem Lehrwerk Der Glaube der Kirche "dogmatische Verpflichtung" (Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche, S. 289) und gilt somit als "unfehlbar".



Das Kirchenrecht und die Angst um unsere Demokratie

Die Unterwerfung aller katholischen Politiker und Richter unter den Vatikan

Andrea Nahles, Generalsekretärin und stellvertretende Vorsitzende der SPD, bezeichnete in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24.1.2010 den Papst als den "Chef vom Ganzen", den sie ernst nehme. Nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche zählt sie zu den katholischen Laien im Unterschied zu den Priestern.

Was aber zählt nun zu den Aufgaben der Politiker, die als katholische
"Laien" ein politisches Amt ausüben? Oben wurde bereits die zentrale und bis heute als "unfehlbar" geltende "Zwei-Schwerter-Lehre" der römisch-katholischen Kirche dargelegt, welche zunächst die Unterwerfung des Staates unter die Kirche verlangt und schließlich in dem vom Papst erlassenen "unfehlbaren" Dogma mündet: "Wir erklären, sagen und definieren nun aber, dass es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein." Dies gilt natürlich auch für jeden Politiker. In weiteren römisch-katholischen Lehrtexten wird diese Lehre weiter präzisiert.
1 ) Der Codex Iuris Canonici:
Laien (wozu die Politiker und Richter gehören)
 müssen sich nach dem Lehramt der Kirche richten
Lesen Sie dazu die heute gültigen Bestimmungen des römisch-katholischen Kirchenrechts, zitiert nach Codex Iuris Canonici (CIC), Codex des Kanonischen Rechts, 3. Auflage, auctoritate Ioannis Pauli PP. II promulgatus [autorisiert durch Papst Johannes Paul II.], Kevelaer 1989.

Can. 210 — Alle Gläubigen müssen je nach ihrer eigenen Stellung ihre Kräfte einsetzen, ein heiliges Leben zu führen sowie das Wachstum der Kirche und ihre ständige Heiligung zu fördern.

Can. 212 § 1 —  Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewusstsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen.

Can. 225 § 1 — Da die Laien wie alle Gläubigen zum Apostolat von Gott durch die Taufe und die Firmung bestimmt sind, haben sie die allgemeine Pflicht und das Recht, sei es als einzelne oder in Vereinigungen, mitzuhelfen, dass die göttliche Heilsbotschaft von allen Menschen überall auf der Welt erkannt und angenommen wird ...

§ 2 — Sie haben auch die besondere Pflicht, und zwar jeder gemäß seiner eigenen Stellung, die Ordnung der zeitlichen Dinge im Geiste des Evangeliums zu gestalten und zur Vollendung zu bringen ...


PS: Und wer entscheidet, wie die "Dinge im Geiste des Evangeliums zu gestalten" sind? Nach Can. 212 § 1 einzig die "Leiter der Kirche", denen eben auch die katholischen Politiker und Richter als "Gläubige" gehorchen müssen. Dies wird auch noch einmal im nachfolgenden Canon 227 bekräftigt.

Can. 227 — Die Laien haben das Recht, dass ihnen in den Angelegenheiten des irdischen Gemeinwesens jene Freiheit zuerkannt wird, die allen Bürgern zukommt; beim Gebrauch dieser Freiheit haben sie jedoch dafür zu sorgen, dass ihre Tätigkeiten vom Geist des Evangeliums erfüllt sind, und sich nach der vom Lehramt der Kirche vorgelegten Lehre zu richten.

In seiner Erklärung des CIC schreibt Papst Johannes Paul II. am 25.1.1983 weiterhin:
"Wenn Wir daher heute den Codex promulgieren, sind Wir uns voll bewusst, dass dieser Akt von Unserer päpstlichen Autorität ausgeht und daher primatialen Charakter annimmt ... Tatsächlich ist der Codex Iuris Canonici für die Kirche unbedingt notwendig ... damit ihre hierarchische und organische Struktur sichtbar wird ..." (S. XV und XXI).
 

2 ) Katholischer Katechismus:
Eingreifen in die politischen Strukturen als Aufgabe der gläubigen Laien

Auch die übrigen verbindlichen römisch-katholischen Lehrschriften unterstreichen die Pflichten der katholischen Politiker und Richter, in ihrem Amt die Sache der Kirche zu vertreten. So z. B. der Katechismus der Katholischen Kirche, 1997, deutsche Ausgabe der Liberia Editrice Vaticana, München 2005. Dort heißt es:

Lehrsatz Nr. 899
Die Initiative der christlichen Laien ist besonders notwendig, wenn es darum geht, Mittel und Wege zu finden, um die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten mit den Forderungen des christlichen Glaubens
[PS: die aus katholischer Sicht mit den Forderungen des Papstes, des Vatikans und der Bischöfe identisch sind] und Lebens zu durchdringen ...

Lehrsatz Nr. 906
Die gläubigen Laien, die dazu fähig sind und sich dafür ausbilden lassen, können auch ... an der Gestaltung der Medien mitwirken.

Lehrsatz Nr. 2442
Es ist nicht Sache der Hirten der Kirche, in die politischen Strukturen und die Organisation des Gesellschaftslebens direkt einzugreifen. Diese Aufgabe gehört zur Sendung der gläubigen Laien ...
 

3 ) Kirche fordert Politiker und Gläubige zum Rechtsbruch auf,
wenn ein Staat dem Papst widerspricht

Der Katechismus fordert die Bürger, und darunter auch die Politiker-Laien, auf, Widerstand zu leisten, wenn ein Staat dem Papst widerspricht. Wörtlich heißt es dazu im Katechismus der Katholischen Kirche, 1997, deutsche Ausgabe Liberia Editrice Vaticana, München 2005:

Lehrsatz Nr. 2242 
Der Bürger hat die Gewissenspflicht, die Vorschriften der staatlichen Autoritäten nicht zu befolgen, wenn diese Anordnungen den Forderungen der göttlichen Ordnung, den Grundrechten der Menschen oder den Weisungen des Evangeliums widersprechen. Den staatlichen Autoritäten den Gehorsam zu widersprechen, falls deren Forderungen dem rechten Gewissen widersprechen, findet seine Rechtfertigung in der Unterscheidung zwischen dem Dienst Gottes an der staatlichen Gemeinschaft "Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" (Mt. 21, 22). "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." (Apg. 5, 29)

Was auf den ersten Blick für manchen vielleicht fortschrittlich erscheinen mag, ist in Wirklichkeit das Gegenteil. Denn der Bürger ist keineswegs ermächtigt, selbst zu entscheiden, was die "göttliche Ordnung" fordere oder welches die "Weisungen des Evangeliums" seien. Dies entscheidet - bei Androhung der ewigen Verdammnis bei einer anderen Meinung - allein die "Mutter Kirche" und damit allein der Papst. Wörtlich heißt es im Lehrbuch Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung von Josef Neuner und Heinrich Roos, neubearbeitet von Karl Rahner und Karl-Heinz Weger:

Lehrsatz Nr. 93   Niemand soll es wagen,  ... die Heilige Schrift im Vertrauen auf eigenen Klugheit nach seinem eigenen Sinn zu drehen, gegen den Sinn, den die heilige Mutter, die Kirche, hielt und hält - ihr steht das Urteil über den wahren Sinn und die Erklärung der heiligen Schriften zu.

Mit anderen Worten: Ein Bürger und auch ein katholischer Politiker werden zum Rechtsbruch in ihren Ländern aufgefordert, wann immer der Papst dies verlangt.

4 ) Johannes Paul II.: Päpstliches Urteil über politische Bewegungen

Das umfangreichste Lehrbuch der römisch-katholischen Kirche ist: Heinrich Denzinger/Peter Hünermann, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, 43. Auflage, Freiburg-Basel-Wien 2010. In Ergänzung zu dem Standardwerk von Neuner-Roos (siehe hier) sind dort auch alle Lehrtexte in lateinischer bzw. altgriechischer Sprache, den jeweiligen Ursprungstexten der kirchlichen Gesetze und Dogmen, veröffentlicht.
Darin werden SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und die anderen Politiker ausdrücklich auch auf die Instruktion der Glaubenskongregation "Libertas conscientia" von Papst Johannes Paul II. vom 22.3.1986 verwiesen, in welcher der Papst verbindlich für alle Katholiken festlegte:

Lehrsatz Nr. 4579
Ebenso ist die Kirche ihrer Sendung treu, ... wenn sie sich Versuchen widersetzt, eine Ordnung des gesellschaftlichen Lebens zu errichten, von der Gott
[PS: wie ihn der Papst definiert] entfernt ist, ob dies aus bewusstem Widerspruch oder aus sträflicher Nachlässigkeit geschieht, und wenn sie schließlich ihr Urteil über politische Bewegungen fällt, die sagen, sie kämpften gegen Elend  und Unterdrückung, aber von Theorien und Handlungsanweisungen durchsetzt sind, die dem Evangelium [PS: wie es der Papst interpretiert] widersprechen ...

Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Wenn man sich das alles so bewusst macht, dann ist eines klar: Die katholischen Laien müssen ihrer Kirche gehorchen, auch in ihrem politischen oder juristischen Amt oder in ihrer gesellschaftlichen Funktion. In manchen Fragen dürften sie sogar weisungsgebunden sein.
Manches, was in der deutschen Politik und Gesellschaft  geschieht, ist wohl nur auf diese Weise zu erklären.
Siehe dazu: Unterschreiben auch Sie! Wir haben Angst um unsere gute Demokratie!

 



Links:
Staatliche Inquisition gegen eine Religionsgemeinschaft an einem Beispiel ausgeführt in:
http://www.steinadler-schwefelgeruch.de/buch/kapitel-3-14.html

Der Text kann wie folgt zitiert werden:
Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 23: Das Staatsross und sein kirchlicher Reiter, Wertheim 2006, zit. nach http://www.theologe.de/kirche_staat.htm, Fassung vom 19.12.2013,
Copyright © und Impressum siehe hier.

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Staat und Kirche - Politik - ZEIT ONLINE

Staat und Kirche - Politik - ZEIT ONLINE

Staat und Kirche

So mächtig sind die Kirchen

"Es besteht keine Staatskirche." So scharf, wie es das Grundgesetz formuliert, sind Staat und Kirchen allerdings nicht getrennt. Der Staat hat den Kirchen als Institutionen mache Sonderrechte zugebilligt. Wie beide zusammenhängen, zeigt diese Infografik.

Kirche und Staat sollten sich trennen | ZEIT ONLINE

Kirche und Staat sollten sich trennen | ZEIT ONLINE

Kirche und StaatTrennt euch!

Niemandem täte eine klare Trennung von Staat und Kirche so gut wie den Kirchen selbst. Es ist an der Zeit, einen klaren Schnitt zu setzen. Ein Kommentar von 

Montag, 2. Dezember 2013

Rheinischer Präses kritisiert Debatte über Staatsleistungen an Kirchen | aktuell.evangelisch.de

Rheinischer Präses kritisiert Debatte über Staatsleistungen an Kirchen | aktuell.evangelisch.de

Rheinischer Präses kritisiert Debatte über Staatsleistungen an Kirchen

In der Diskussion über die Staatsleistungen an die Kirchen fordert Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, mehr Sachlichkeit.
01.12.2013 | epd
Angesichts der Diskussionen um die Vorgänge im Bistum Limburg werde die kirchliche Finanzpraxis derzeit infrage gestellt, sagte Rekowski laut Redetext am Sonntag auf dem Neujahresempfang des Kirchenkreises Duisburg. Die benutzte Terminologie reiche "ungetrübt jeder Sachkenntnis inzwischen von Subventionierung bis hin zu Privilegien", kritisierte der leitende Theologe.
Rekowskis empfahl einen offenen Umgang mit Kritik: "Wir müssen weiterhin für umfassende Transparenz und Klarheit in finanziellen Fragen sorgen und Rechenschaft geben, wie wir mit anvertrautem Geld umgehen und auch Hintergründe differenziert erläutern." Dabei müsse sich die Kirche angesichts der Verantwortung für mehreren Tausend Pfarrer und Mitarbeitende in unterschiedlichen Berufen aber nicht dafür entschuldigen, dass sie finanzielle Vorsorge treffen und Rücklagen bilden muss. "Wir müssen durch eine transparente Praxis deutlich machen: Wer uns sein Geld anvertraut, lässt es für andere arbeiten", erklärte der Präses.
Die Staatsleistungen sind ein Ausgleich dafür, dass der Staat im Zuge der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts viele kirchliche Güter und kirchlichen Grundbesitz enteignete und den Kirchen damit Einnahmequellen entzog. Das Grundgesetz sieht eine Ablösung der Staatsleistungen vor, die bislang nicht in Angriff genommen wurde. Der Bund müsste dafür ein Rahmengesetz beschließen. Zahlen müssten aber die Länder, die die Zahlungen mit den Kirchen vertraglich geregelt haben. Der von CDU/CSU und SPD beschlossene Koalitionsvertrag macht keine Aussagen zu den Staatsleistungen.

Kommentare

"Die Staatsleistungen sind ein Ausgleich dafür, dass der Staat im Zuge der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts viele kirchliche Güter und kirchlichen Grundbesitz enteignete und den Kirchen damit Einnahmequellen entzog". Das ist und bleibt leider eine Unwahrheit. Speziell, wenn dies ein Präses der evangelischen Kirche sagt, die nie von irgendwelchen Enteignungen betroffen war, aber trotzdem staatliche Almosen zur Besoldung ihrer Bischöfe bekommt.
Es wurden auch weniger kirchliche Güter enteignet, sondern die von Klöstern. Die bekamen niemals Entschädigungen dafür. Denn es wurde hauptsächlich Land enteignet, bei dem die Klöster keinen legalen Besitz nachweisen konnten. Das betraf u. a. Land, das im Zuge der "konstantinischen Schenkung" (einer dreisten, von der Kirche gefälschten Urkunde) illegal in den Besitz der Kirche und dann der Klöster gelangt war. Man könnte sagen: Zu einem Teil handelte es sich um die "Enteignung" von Diebesgut. "Enteignung" in Anführungszeichen: Es ist unmöglich, an Diebesgut oder durch Urkundenfälschung Eigentum zu erwerben.
Dann waren da noch die Lehen an die Bischöfe. Lehen heißt: Leihgabe. Von den Früchten dieser Lehen lebten die Bischöfe. Diese Leihgabe wurde nun vom Staat zurückgefordert, damit die Bischöfe nicht verhungerten, bekamen sie ihren Lebensunterhalt bis zu ihrem Lebensende vom Staat. "Bis zu ihrem Lebensende" steht ausdrücklich im Vertrag.
Daraus wurde dann, durch geschickte Verhandlung, eine Verlängerung erwirkt. Diese bezahlen wir bis heute, obwohl im Grundgesetz seit über 90 Jahren steht, dass diese Zahlungen "abzulösen" seien. Bald feiern wir in dieser Hinsicht das Jubiläum "100 Jahre Bruch der Verfassung". Einen Rechtsanspruch aufgrund irgendwelcher "Entschädigungsleistungen" besteht nicht, weil es nicht um Entschädigung geht - wer das weiterhin behauptet, sagt die Unwahrheit, meist in Unkenntnis. Mag ja sein, dass viele Theologen selbst Opfer der fortwährenden kirchlichen Propaganda sind, weil man sich mit diesem Trick seine Leistungen erschlichen hat und inzwischen selbst nicht mehr weiß, dass es sich um einen Trick handelt.
Aber wer weiterhin, entgegen den historischen Tatsachen, behauptet, es handle sich um "Entschädigungen für die Enteignung von Kircheigentum", der betreibt wissentlich oder unwissentlich eine Form der Leistungserschleichung unter dem Bruch der deutschen Verfassung.
Der einzige "Anspruch" ergibt sich aus dem freiwillig geschlossenen Vertrag, der allerdings gegen die Verfassung verstößt. Normalerweise sind Verträge, die gegen ein Verfassungsgebot verstoßen, null und nichtig. Das bedeutet: Die Verträge könnten von heute auf morgen ohne Zahlung irgendwelcher abenteuerlichen Ablösesummen gekündigt werden.
Wer das nicht glaubt: Ich fordere den Präses der evangelischen Kirche, Herrn Manfred Rekowski, auf, auf ein einziges, rechtmäßig der evangelischen Kirche gehörendes und damals enteignetes Grundstück zu zeigen. Falls er das nicht kann, sollte er nie wieder von "Enschädigung" und "Enteignung" in diesem Zusammenhang reden. Das wäre dann endlich mal sachlich, denn das vermisse ich gerade von kirchlicher Seite. Moralischer Anspruch, liebe Kirchenleute, hat immer zwei Seiten. Er besteht durchaus auch darin, die Fakten nachzuprüfen, bevor man etwas behauptet, sonst hat man sich eine Hintertür offengelassen, um die Unwahrheit zu sagen, ohne zu lügen. Es bleibt dann allerdings die Unwahrheit.
Falls es wirklich zu Unrecht enteignete Kirchengrundstücke gegeben haben sollte (wofür es keine Beweise gibt), so sind dies vermutlich die am teuersten bezahlten Grundstücke in der Geschichte der Menschheit. Und noch eines: Klostereigentum ist nicht Kircheneigentum!