Montag, 7. Dezember 2009

Gegenvorstellung und Richterablehnung

Prozess ./. röm.-kath. Kirche Schriftsatz vom 2.12.2009

Verwaltungsgericht Freiburg
- 2. Kammer -
Habsburger Straße 103
79104 Freiburg
Per Telefax voraus: 0761/7080-888
2. Dezember 2009
s-h

Dieter Potzel u.a. ./. Erzbistum/Diözese Freiburg

2 K 1700/09

Gegenvorstellung und Richterablehnung

I.

Der Beschluss der Kammer vom 26.11.2009 vermittelt den Eindruck, dass das Gericht die Kläger, das vorliegende Verfahren und auch sich selbst nicht ernst nimmt.

Die Kläger nimmt es nicht ernst, weil es ihre Besorgnis, dass ein katholischer Richter in Bedrängnis gerät, wenn er darüber entscheiden soll, ob sich seine Kirche christlich nennen darf, mit einer Handbewegung wegwischt. Das Verfahren nimmt das Gericht nicht ernst, weil es eine ordnungsgemäße Prüfung der Befangenheitsbesorgnisse und damit die ordnungsgemäße Besetzung der Richterbank gar nicht zulässt. Und sich selbst nimmt das Gericht nicht ernst, weil es offenbar glaubt, sich im vorliegenden Fall auch Willkürentscheidungen und die Vorwegnahme der mündlichen Verhandlung erlauben zu können.

Hiergegen wendet sich der vorliegende Schriftsatz. Zunächst in Form einer Gegenvorstellung, die dem Gericht die Möglichkeit einer Selbstkorrektur nahe legt, sodann aber auch in Form eines neuerlichen Befangenheitsantrags, der das bisherige Verhalten des Gerichts zum Gegenstand hat.


II.

Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist immer dann anzunehmen, „wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen“ (§ 1036 Abs.2 S.1 ZPO, der zur Konkretisierung von § 42 ZPO heranzuziehen ist, vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., Rdnr.8 zu § 42). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist; es ist auch unerheblich, ob er sich für befangen hält; entscheidend ist allein, „ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die nach der Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln“ (Zöller, a.a.O., Rdnr.9 u.Hinw. auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

Im vorliegenden Prozess geht es um die Frage, ob die Kläger verlangen können, dass sich die katholische Kirche nicht mehr christlich nennt, weil sie sich in Wahrheit unchristlich verhält. Wenn einer der Richter Katholik ist, ist zu befürchten, dass er dieser Frage nicht unvoreingenommen gegenübersteht, denn wenn er der Klage stattgeben würde, würde er einräumen, dass er selbst einer unchristlichen Organisation angehört. Außerdem gerät er in Konflikt mit seinen Kirchenregeln, die ihm gebieten, unter „christlich“ das zu verstehen, was seine Kirche lehrt, und diese Lehre erforderlichenfalls höher zu achten, als das staatliche Gesetz. In dieser Situation ist die Besorgnis, dass ein katholischer Richter befangen ist, kein Hirngespinst der Kläger, sondern eine Frage, die sich jeder vernünftige Betrachter stellt.

Die Frage der Kläger nach der Konfession der Richter war deshalb im vorliegenden Fall berechtigt und lässt sich nicht mit der allgemeinen Rechtsprechung abtun, dass die Mitgliedschaft eines Richters in bestimmten Organisationen - Parteien, Verbänden oder Kirchen – normalerweise kein Ablehnungsgrund ist, wenn einer dieser Organisationen Prozesspartei ist. Denn im vorliegenden Fall geht es um die Existenzfrage der Organisation, in der die Richter möglicherweise Mitglied sind. Da dies, trotz des ausführlichen Vortrags der Kläger, ignoriert wurde, erfolgte der Befangenheitsantrag. Und diesen Antrag hat das Gericht als „unzulässig“ abgelehnt, ihn also einer sachlichen Behandlung durch einen anderen Spruchkörper entzogen. Nach der herrschenden Rechtsprechung ist dies nur möglich, wenn der Antrag „offensichtlich missbräuchlich“ ist (vgl. Kopp/Schenke, Rdnr.16 zu § 54 VwGO). Dies anzunehmen, ist bei der vorliegenden Konstellation willkürlich: Es ist für niemanden mehr „verständlich“ und „offensichtlich unhaltbar“ (so die Definition der Willkür durch BVerfGE 29, 207), dass es missbräuchlich und unzulässig sein soll, wenn die Kläger die Besorgnis äußern, ein katholischer Richter könne nicht unvoreingenommen entscheiden, ob sich seine Kirche christlich nennen darf oder nicht.

Das Gericht muss deshalb seinen durch richterliche Willkür gekennzeichneten Beschluss vom 26.11.2009 aufheben und ein ordnungsgemäßes Ablehnungsverfahren durchführen, in dem das Gesuch anderen Richtern zur Entscheidung weitergeleitet wird. Solange dies nicht geschieht, ist das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt und das in Art.101 des Grundgesetzes garantierte Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt (vgl. BVerfGE 39,207).


III.

Gleichzeitig machen die Kläger

neuerliche Besorgnisse der Befangenheit

gegen den Herrn Präsidenten Michaelis, die Frau Richterin am Verwaltungsgericht Kraft-Lange und den Herrn Richter am Verwaltungsgericht Wiestler

geltend.

Solche Besorgnisse sind nach herrschender Rechtsprechung unter anderem auch dann berechtigt, wenn Richter grobe Verfahrensverstöße begehen, was insbesondere im Falle willkürlicher Verfahrensverstöße anzunehmen ist (vgl. Zöller, ZPO, 26.Aufl., Rdnrn.23 u.24 zu § 42).

Wie oben bereits dargestellt, ist dies durch die Behandlung des Ablehnungsgesuchs durch den Beschluss vom 26.11.2009 geschehen. Die Vorgehensweise des Gerichts ist mit einer seriösen Prozessleitung nicht mehr vereinbar.

Außerdem wurde durch den genannten Beschluss die mündliche Verhandlung in unzulässiger Weise vorweggenommen: Das Gericht geht davon aus, dass in dem Verfahren „innerkirchliche Glaubensfragen berührt werden könnten“. Im Gegensatz dazu wurde bereits in der Klagebegründung ausführlich dargelegt, dass es darum nicht geht. Diese Frage ist deshalb auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung und kann deshalb nicht beiläufig vorweggenommen werden.

Im übrigen gibt die Kammer mit dieser Passage seiner Entscheidung über den Ablehnungsantrag, dessen Inhalt entstellt wieder: Es ging nicht lediglich darum, dass Richter „wegen ihrer eigenen religiösen Einstellung in einem Verfahren, bei dem innerkirchliche Glaubensfragen berührt sein könnten, zwangsläufig parteiisch“ seien. Wie bereits wiederholt und konkret dargelegt, geht es um ganz andere Dimensionen möglicher Konflikte, die der Beschluss einfach ausblendet. Diese Ignoranz ist grob verfahrensfehlerhaft und rechtfertigt ein weiteres Mal die Besorgnisse der Befangenheit.

Die Kläger lehnen die vorgenannten Richter deshalb (auch) aus den vorgenannten Gründen (erneut) ab.
Dr. Sailer Rechtsanwalt       Dr. Hetzel Rechtsanwalt

Download: Dieter Potzel u.a. ./. Erzbistum/Diözese Freiburg - 2.12.2009.pdf [48 KB] <
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Dienstag, 1. Dezember 2009

"Es ist nicht beabsichtigt, die Frage nach dem Glaubensbekenntnis der zur Entscheidung berufenen Richter zu beantworten."

Freie Christen für den Christus der Bergpredigt in allen Kulturen weltweit fordern die deutschen Staatskirchenkonzerne auf, den Jahrhunderte langen Etikettenschwindel durch den Missbrauch des Namens des Jesus, des Christus, endlich zu beenden. Sie dürfen sich gerne katholisch oder lutherisch nennen, aber nicht mehr christlich. Denn ihre Lehre und ihr Tun haben mit Jesus, dem Christus, nichts zu tun.

Aus diesem Grund haben die Freien Christen sowohl die römisch-katholische Kirche als auch die evangelischen Kirchen abgemahnt, innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären, sich nicht mehr „christlich“ zu nennen. Als die Kirchen die Frist jedoch verstreichen ließen, erhoben die Freien Christen im Herbst 2009 Klage:

Als Beklagten wählten sie auf katholischer Seite beispielhaft das Bistum Freiburg aus, da dort der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Robert Zollitsch, residiert. Auf evangelischer Seite wurde Klage gegen die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers erhoben mit der Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann an der Spitze.

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Die Frage der Kläger nach dem Glaubensbekenntnis der Richter beantwortete der Berichterstatter der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg mit einem Satz:

"Es ist nicht beabsichtigt, die Frage nach dem Glaubensbekenntnis der zur Entscheidung berufenen Richter zu beantworten."

Die Anwälte der Kläger richteten daraufhin folgenden Schriftsatz an das Verwaltungsgericht Freiburg:

Verwaltungsgericht Freiburg
Habsburger Straße 103
79104 Freiburg
Per Telefax voraus: 0761/7080-888
23. November 2009
h-h


Dieter Potzel u.a. ./. Erzbistum/Diözese Freiburg

2 K 1700/09

I.

Der Berichterstatter teilt mit, dass das Erkennende Gericht die Frage nach dem Glaubensbekenntnis der Richter nicht beantworten will. Offenbar muss diese Tatsache, die jeder Arbeitnehmer, auch jeder Richter in seiner Lohnsteuerkarte offenlegen muss, den Rechtssuchenden verschwiegen werden. Da stellt sich doch die Frage nach dem "warum"?

Könnte es sein, dass sich jemand schämt, zahlendes Mitglied einer Organisation zu sein, deren Verbrechen in der Vergangenheit der vielfach preisgekrönte Autor Karl-Heinz Deschner in seinem vielbändigen Werk so ausführlich beschreibt und die heute durch ihre Kinderschänderverbrecher weltweit für Aufsehen sorgt?
Oder befürchtet jemand Repressalien von der Organisation, zu deren Glauben er sich bekannt hat?
Oder fühlt man sich zu der Vorgehensweise durch das abgebene Glaubensbekenntnis verpflichtet?
Aber wie steht es dann mit dem Eid, den die Richter auf die Verfassung geschworen haben, die Sie zur Unparteilichkeit verpflichtet und keine geheimen Vorbehalte duldet?

Es muss sich um einen schwerwiegenden Gewissenskonflikt der Richter handeln. Keiner von ihnen hätte wohl ein Problem damit, im Falle eines Verfahrens zwischen den Fußballvereinen Bayern München und SC Freiburg um Namensrechte seine Mitgliedschaft beim SC Freiburg offenzulegen und die Besorgnis seiner Befangenheit zu bejahen oder mindestens zur Diskussion zu stellen. Doch im vorliegenden Fall scheint dies nicht so einfach zu sein.

Um den zur Entscheidung berufenen Richtern entgegenzukommen und ihnen den Gewissenskonflikt zwischen den mit der Drohung der ewigen Verdammnis unterlegten Forderungen des Glaubens, zu dem sie sich bekennen, und dem Rechtsstaatgebot, dem sie durch ihren Diensteid verpflichtet sind, zu ersparen, lehnen die Kläger sie wegen

Besorgnis der Befangenheit

ab.

Die Besorgnis der Befangenheit ergibt sich für jeden vernünftigen Rechtssuchenden aus der dargestellten Konfliktsituation zwischen der Kirchenbindung und dem Rechtstaatsgebot. Im schlimmsten Fall erkennt der betroffene Richter, der meist schon vom Säuglingsalter an der Indoktrination seines von ihm bekannten Glaubens unterliegt, seine eigene Befangenheit selbst gar nicht mehr.

Das Glaubensbekenntnis der Richter können die Kläger nicht glaubhaft machen. Das Verhalten des Gerichts lässt aber keinen anderen Schluss zu, als dass die Richter sich dort zu einem Glauben bekennen, der eine Entscheidung zum Nachteil der Kläger verlangt. Das Schweigen kann also in diesem Fall, wo es um die fundamentale Frage des Etikettenschwindels der römisch-katholischen Kirche geht (und parallel dazu in einem anderen Verfahren gegen die Lutherkirche) nur als weiterer Grund zur Besorgnis der Voreingenommenheit betrachtet werden.

Dass es sich dabei nicht um rein theoretische Überlegungen handelt, zeigen die Erfahrungen der Unterzeichner mit Organen der Justiz im Raum Würzburg. Dort wurde ein Kirchenaussteiger von einem Staatsanwalt mit kirchlichem Glaubensbekenntnis angeklagt und von ebensolchen Richtern wegen Beleidigung verurteilt, weil er eine Person mit römisch-katholischem Glaubensbekenntnis als Inquisitionshelfer bezeichnet hatte, die seinen Glauben öffentlich beschimpft hatte.

Jeder unvoreingenommene Bürger wird dies als absurd empfinden: Wer jemanden als Helfer der Inquisition - heutiger Name Glaubenskongregation – bezeichnet, wird verfolgt und bestraft. Wer Vorsitzender der Inquisition - heutiger Name Glaubenskongregation – ist, wird Papst, so wie Joseph Ratzinger, und von den gleichen bejubelt.

Das Spannungsverhältnis zwischen Recht und konfessionellem Glaubensbekenntnis kann also nicht nur zum Verlust des Rechtes, sondern sogar zum Verlust der Vernunft führen.


II.

Die Kläger halten das vorliegende Verfahren nicht für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid geeignet.


III.

Freie Christen für den Christus der Bergpredigt, die ihre Löschung aus den Taufregistern der römisch-katholischen Staatskirche verlangt haben, haben wiederholt die Antwort bekommen, die auch schon in der Klage als offizielle Position der römisch-katholischen Kirche dargestellt wurde, dass es sich bei der Taufe um ein untilgbares Prägemal handle. Dabei wird auf CIC can. 849 verwiesen.

Die Kläger Nr.3 und Nr.6 sind unmittelbare Opfer dieses "ewigen" Mals, das ihnen die römisch-katholische Kirche nur aufbrennen konnte, weil sie die Eltern über ihre unchristliche Lehre mit dem Wort "christlich" arglistig getäuscht hat. Dieser Makel soll nach dem Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche den Opfern bis in alle Ewigkeit anhaften. Im Klartext heißt das: Das Opfer kann zwar seinen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche erklären, aber das hilft ihm nicht. Die römisch-katholisch Kirche läßt keinen mehr frei, den sie einmal mit dem falschen Etikett "christlich" eingefangen hat. Und so sind auch die Kläger in diesen Teufelskreis geraten: Sie sind auf ewig verdammt, in dieser Institution zu sein, und auf ewig verdammt (… der sei verflucht), weil sie die unchristliche Dogmenlehre dieser Institution nicht glauben. Sie sind also jetzt auf alle Ewigkeit an diese Lehre gebunden, die bekanntlich Ursache schwerer ekklesiogener Neurosen ist.

Diese Lehre ist unchristlich, weil sie die Bergpredigt faktisch außer Kraft gesetzt hat. Damit stellt sie sich gegen die Bergpredigt, die zentrale Lehre des Jesus, des Christus, ist also unchristlich. Und damit ihr Etikettenschwindel nicht sogleich auffliegt, hat die römisch-katholische Kirche über Jahrtausende alle Menschen und Volksgruppen umgebracht, die nach den christlichen Lehren der Bergpredigt leben wollten, Markioniten, Manichäer, Katharer, Bogumilen, Anhänger Savonarolas, und viele mehr.

Zusammengefasst heißt das aus der Sicht der römisch-katholischen Kirche: "Die Lehre des Jesus, des Christus, die Bergpredigt, ist nicht lebbar, das beweisen wir, indem wir dafür sorgen, dass alle, die es tun, verleumdet, diskriminiert, mundtot gemacht oder umgebracht werden, soweit, wie es die politische Lage gerade erlaubt".

Die Infamie besteht aber darin, dass man den Menschen vorspiegelt, man handle im Namen dessen, dessen Lehre und Nachfolger man auf brutalste Weise bekämpft.

Aus Sicht der Opfer, zu denen die Kläger gehören, die Kläger Nr.3 und Nr.6 besonders durch das von der römisch-katholischen Kirche verpasste Prägemal, ist der katholischen Kirche all dies nur wegen des Missbrauchs des Namens Christi möglich . Es ist höchste Zeit, dass ihr dies untersagt wird.
Dr. Sailer Rechtsanwalt Dr. Hetzel Rechtsanwalt

Download:
Dieter Potzel u.a. ./. Erzbistum/Diözese Freiburg - 23.11.2009.pdf [62 KB]