Verfasst von: derfreiebuerger | 18. Januar 2014
Wozu brauchen wir Religion?
Einen erhellenden Artikel brachte der Spiegel (52/13) kurz vor Weihnachten 2013. Das Titelbild (“Zwischen Religion und Magie – Woran glaubt der Mensch?”) ließ noch die übliche weihnachtliche Religionskritik erwarten (“Nichts Genaues weiß man nicht”). Doch was dann kam (“Der Glaube der Ungläubigen”, S. 112ff.), bot einiges an Durchblick: Die meisten Menschen verharren demnach seit Jahrtausenden in einem eher oberflächlichen magisch-abergläubischen Weltbild, in dem die komplizierten Spitzfindigkeiten der Theologen nicht allzu viele Spuren hinterlassen: “Diese magische Welt im Kopf scheint auch unberührt zu sein von komplizierter Lehre, die alle großen Kirchen zu bieten haben. Nur mit Mühe versteht das Fußvolk die Glaubenslehre, und es hat auch kaum Verwendung dafür.” (S. 1113) Und: “Erlebnisarmut ist die Schwäche der großen autoritären Religionen.” (S. 117)
Theologische Dogmen und Lehrsätze sind also das Gegenteil dessen, was der Mensch sucht: unmittelbare Gotteserfahrung. Sie sind das Gegenteil dessen, was der Nazarener lehrte – denn Seine Lehre war einfach und genial: Etwa die goldene Regel der Bergpredigt: “Was ihr wollt, dass euch die anderen tun, dass tuet ihr ihnen zuerst.” Suche in einem Konflikt zuerst deinen Anteil (Balken und Splitter). Was der Mensch sät, das wrid er ernten (Ursache und Wirkung). Gott lebt mit Seiner Kraft in allem Sein, in der Natur, in den Tieren und Pflanzen, und auch in dir. Deshalb lebe friedvoll. Die Lehre Jesu kommt völlig ohne Zeremonien und Rituale und auch ohne Priester aus. Denn jeder Mensch ist ein Tempel des Heiligen Geistes.
Die kirchlichen Institutionen haben im Gegensatz dazu zum einen massiv auf heidnisch-magische Rituale und Vorstellungen zurückgegriffen (Sakramente, Reliquien, “Heilige”, äußere Bußübungen und “Opfer”) und den Menschen Angst eingejagt vor der angeblich “ewigen Verdammnis”. Zum anderen haben sie (besonders ausgeprägt die katholische) ein hochkompliziertes und auf Schritt und Tritt unlogisches Dogmengebäude aufgebaut, das zwar kaum ein Gläubiger (und vermutlich auch kaum ein Priester) wirklich im Detail kennt. Das aber dennoch wie ein ständiges Damoklesschwert über den Köpfen der Gläubigen hängt, weil es unter Androhung der ewigen Hölle bis aufs letzte Komma geglaubt werden muss.
So könnte man sagen: Niemand braucht äußere Religionen, um Gott in sich näherzukommen. Sie sind dabei sogar hinderlich. Denn sie sind Opium für das Volk.
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